Es gehört zum guten Handwerk, überflüssige Wörter – die berüchtigten Füllwörter – aus dem Text zu streichen. Wer aber sind diese Kandidaten?
Oft sind es Begriffe, die wir als Verlegenheitslösung eingebaut haben, weil wir uns beim Inhalt nicht ganz sicher waren. Wenn ich zum Beispiel für ein Gesundheitsmagazin schreibe:
„Der Genuss von Karotten fördert möglicherweise die Sehkraft“,
hält mir das Füllwort eine Hintertür offen. Denn es könnte ja jemand auf die Idee kommen, nach Beweisen zu fragen. Und da muss ich leider passen.
Im Idealfall sollte der Texter den Wahrheitsgehalt seiner Texte prüfen. Kann er das nicht, ist ein relativierendes Füllwort manchmal sinnvoll. Ganz anders sieht die Sache aus, wenn es sich um Fakten handelt. Wie zum Beispiel in diesem Satz:
Die Erde ist keine Kugel, sondern ein abgeflachtes Rotationsellipsoid.
Das wussten Sie noch nicht? Ja, es ist wirklich so!
Aber muss der Satz wirklich genau so – bar jeglicher Schnörkel – stehen bleiben?
Wenn es ein Fachbuch ist, ja. Denn hier sind nackte Tatsachen gefragt.
In jedem anderen Fall würde ich ihn mit einem kleinen Füllwort ergänzen:
Die Erde ist erstaunlicherweise keine Kugel, sondern ein abgeflachtes Rotationsellipsoid.
Denn mit dieser Formulierung signalisiere ich dem Leser, dass ich ihn weder für dumm noch ungebildet halte, wenn ihm das noch nicht bekannt war.
Das Füllwort steht hier für eine freundliche Form, Fakten zu verpacken, ohne überheblich zu wirken. Es leistet in etwa das, was Füllwatte oder Luftpolsterfolie beim Transport empfindlicher Güter tut.
Die kostbare Ming-Vase verliert nicht an Wert, wenn Sie sie im Karton weich polstern.
Erst wenn im Karton mehr Füllmaterial als Inhalt ist, und Füllwörter aus Schachtelsätzen quellen, sollten Sie auch hier den Rotstift ansetzen.